Wolfgang Berk – ein Sammlerleben

Wolfgang Berk erblickte am 22.
August 1937 das Licht der Welt.
Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte er in Osnabrück, wo er nach der Schule eine Lehre als Bandagist absolvierte. Nach seiner Ausbildung legte er vor der Handwerkskammer Osnabrück
erfolgreich seine Prüfung ab und durfte sich fortan „Bandagistenmeister“ nennen.
Sein Vater führte zu dieser Zeit ein Geschäft für Miederwaren und Fußpflege, das Wolfgang Berk übernahm und es zu einem Sanitätshaus mit einer zweiten Niederlassung ausbaute. Bis zum Verkauf
des Geschäfts durch seinen Sohn im Jahre 2018 war er noch regelmäßig in beiden Filialen tätig.
In seiner Freizeit interessierte er sich schon früh für die vielen Aspekte des Schießsports. Diesen übte er selbst mit großem Engagement aus und schon bald erwachte in ihm auch das Interesse
an der Historie von Schusswaffen.
Als 1973 in der Bundesrepublik Deutschland ein neues Waffengesetz in Kraft trat, ließ er seine ersten Sammlerstücke registrieren. Damit war der Anfang einer langen Karriere als Bewahrer einer
wichtigen Facette der menschlichen Geschichte gesetzt.
In den folgenden Jahren wuchs seine Sammlung. Zuerst breit gefächert, jedoch nach kurzer Zeit mit immer stärkerem Fokus auf die Produkte eines begnadeten Konstrukteurs namens William Tranter.
Aber nicht allein die Anzahl seiner Sammelgegenstände wuchs. Parallel dazu erweiterte sich geradezu zwangsläufig auch sein Wissen um die technisch-historischen, die soziokulturellen und die
politischen Aspekte, die mit seinen Sammelobjekten untrennbar verbunden sind.
Es dauerte daher nicht lange, und sein erster Fachartikel erschien im Deutschen Waffen-Journal, dem noch unzählige weitere folgten. Der Höhepunkt seines literarischen Schaffens war 2008 die
Herausgabe des Buches „William Tranter Birmingham“, mit welchem er dem genialen Schöpfer zahlreicher Revolvermodelle ein Denkmal setzte. In deutscher und englischer Sprache verfasst, gilt es
als das Standardwerk zu William Tranter und seinen Erzeugnissen. Damit liegt ein Werk vor, anhand dessen nicht nur Sammler, sondern auch Händler sowie Auktionshäuser in der Lage sind,
Tranter-Waffen präzise einzuordnen.
Bei einem derart großen Wissen, verbunden mit einem reichhaltigen Fundus an entsprechenden Objekten, verwundert es nicht, dass Wolfgang Berk regelmäßig an Ausstellungen teilnahm. Er erkannte
sehr frühzeitig die Sinnhaftigkeit und Wichtigkeit einer engagierten Öffentlichkeitsarbeit.
Als er sich im Jahr 2010 die Frage stellte, was mit seiner Waffensammlung nach seinem Tod geschehen würde, wandte er sich ratsuchend an seinen langjährigen Freund Klaus-Jürgen Gran,
Rechtsanwalt und Notar in Osnabrück, der vor allem in erbrechtlichen Fragen versiert war. Dessen Rat lautete, die Sammlung zum Zweck ihrer dauerhaften Bestandssicherung in eine zu gründende
gemeinnützige Stiftung einzubringen und diese zu seiner Alleinerbin einzusetzen. Dies sollte in einem alle Beteiligten bindenden Erbvertrag mit seiner Ehefrau und seinen Kindern und bei einer
anderweitigen Absicherung der Familienangehörigen erfolgen.
Im Sommer 2010 wurde der Entwurf einer Stiftungssatzung erstellt und im August 2010 der Waffenrechtsbehörde in Osnabrück mit der Bitte um Prüfung zugeleitet. Damit begann jedoch ein
ungeahnter Hindernislauf, der sich über mehrere Jahre erstrecken sollte. Da die Idee, eine Waffensammlung in eine Stiftung einzubringen, im deutschen Rechtsraum ein Novum war, gab die
Stadtverwaltung Osnabrück die Prüfungsbitte an die Polizeidirektion Osnabrück. Von dort ging sie an das Niedersächsische Innenministerium in Hannover, und das erlaubte sich noch eine
Rückfrage beim Innenministerium in Berlin (alles ohne jeglichen Zwischenbescheid an den Fragesteller).
Im Mai 2011 lag dann endlich eine Antwort des Landespolizeipräsidiums in Hannover vor. Vom Grundsatz her wurde eine Stiftung für zulässig erklärt, aber es wurden Vorgaben für die Verankerung
waffenrechtlicher Erfordernisse in der Stiftungssatzung formuliert. Dem wurde mit Überarbeitung des Satzungsentwurfs umgehend entsprochen. Es dauerte aber erneut bis zum Januar 2013, bis die
Behörden endlich grünes Licht für die Gründung der beabsichtigten Stiftung gaben.
Nun folgte die Suche nach zwei Zugriffsberechtigten im Sinne des Waffenrechts, die sich bereit erklärten, von Beginn an im Stiftungsvorstand mitzuarbeiten. Nachdem auch diese Frage geklärt
war, wurde die Gründung der Stiftung mit beigefügter Satzung am 10. Oktober 2013 notariell beurkundet. Im Stiftungsgeschäft übereignete Wolfgang Berk seine gesamte Waffensammlung der
„Stiftung Berk‘sche Waffensammlung englischer Kurz- und Langwaffen ab 1849“. Wider Erwarten begann nun eine zweijährige Diskussion mit der Stiftungsaufsicht in Oldenburg über die Frage, wie
die Stiftung finanziell ausgestattet sein müsse, um ihren Satzungszweck erfüllen zu können. Schließlich bedurfte es am 10. Dezember 2015 einer notariellen Nachbeurkundung, die dazu führte,
dass die Aufsichtsbehörde die Stiftung mit Urkunde vom 2. Februar 2016 endlich als rechtsfähig anerkannte und in das Stiftungsregister eintrug.
Aber das Drama ging in die nächste Runde. Nun stellte sich das zuständige Finanzamt hinsichtlich der Anerkennung der Gemeinnützigkeit quer. Die Sammlung, so hieß es, sei reines
„Privatvergnügen“ ohne Gemeinnutz. Mit Bescheid vom 6. Juli 2016 wurde die Anerkennung der Gemeinnützigkeit abgelehnt. Der hiergegen erhobene Einspruch durch Wolfgang Berks Steuerberater
wurde mit Einspruchsbescheid vom 21. November 2017 zurück gewiesen.
Daraus aber ergab sich das Problem, dass die Übertragung der Sammlung auf die Stiftung nunmehr steuerrechtlich als Schenkung anzusehen war. Dies hatte zur Folge, dass eine erhebliche
Zahlungsverpflichtung, die natürlich auf keinen Fall gewollt war, im Raum stand. Die im weiteren Verfahren eingeschalteten steuerrechtlichen Fachanwälte rieten schließlich an, die
Stiftungsgründung wegen Irrtums anzufechten, da Stifter und Vorstand von Anfang an nur eine gemeinnützige Stiftung ins Leben rufen wollten.
Die Anfechtung erfolgte im Oktober 2018 mit gleichzeitiger Rückübertragung der Waffensammlung in das Eigentum des Stifters. Nach weiterem Hin und Her, ob zum Beispiel vorgegebene Fristen für
die Anfechtung eingehalten worden waren, wurde mit Bescheid der Stiftungsaufsicht vom 26. März 2020 die bisherige Stiftung aufgehoben und deren Liquidation angeordnet.
Parallel dazu wurde eine neue Satzung entworfen, in der die Gemeinnützigkeit des Stiftungszwecks explizit aufgeführt und erweitert wurde. Nachdem diese Satzung mit dem Finanzamt abgestimmt
worden war und von dort die Anerkennung als „gemeinnützig“ in Aussicht gestellt wurde, ging es endlich zügig weiter mit der Neuerrichtung der Stiftung unter dem Namen „Wolfgang Berk Stiftung
Waffensammlung englischer Kurz- und Langwaffen ab 1849“ durch Satzung und Stiftungsgeschäft vom 31. März 2020. Mit Urkunde der Stiftungsaufsicht vom 8. April 2020 wurde die Rechtsfähigkeit
und mit dem Bescheid des Finanzamts vom 17. April 2020, dass die neue Satzung die Voraussetzungen der steuerlichen Gemeinnützigkeit erfüllt, anerkannt.
Nach fast zehn Jahren intensiven Bemühens hatte Waffensammler Wolfgang Berk damit endlich sein Ziel erreicht, der Nachwelt sein Lebenswerk zu hinterlassen. Gerade noch rechtzeitig, wie sich
wenig später zeigen sollte, denn am 16. Juli 2020 verstarb Wolfgang Berk nach langer Krankheit kurz vor seinem 83. Geburtstag. Leider war es ihm nicht mehr vergönnt, diese große Ausstellung
aus seinem Fundus über das Lebenswerk des Mannes mitzuerleben, dessen Schaffen im Zentrum seines lebenslangen Interesses stand.
(Anm.: Gemeint ist die Ausstellung „Die Revolver von
William Tranter“ im Kultur- und Medienzentrum der Stadt Pulheim am 30. und 31. Oktober 2021. Diesen Text und das Porträtfoto von Wolfgang Berk haben wir der Begleitschrift zur Ausstellung entnommen.)
Die Stiftung hat sich in Erfüllung der Vorgabe einer „Gemeinnützigkeit“ zum Ziel gesetzt, Ausstellungs-, Forschungs- und Artikelvorhaben durch die Öffnung des Sammlungsfundus zu unterstützen.